Elektronische Patientenakte – „ePA für Alle“

Der bundesweite Start der ePA ist zwar verschoben, aufgrund technischer Umsetzungsprobleme.  Aber die Testphase der ePA beginnt am 15.1.2025 u.a. in NRW, und zu diesem Termin werden die ePAs aller Versicherten durch die Krankenkassen automatisch angelegt.

Beim Opt-out-Verfahren haben die Versicherten zwar die Möglichkeit, dem Anlegen der ePA und einzelnen Funktionen zu widersprechen, aber

  1. werden die „Risiken und Nebenwirkungen“ der ePA den Versicherten systematisch verschwiegen, und stattdessen in den offiziellen Informationen (Krankenkassen, Gesundheitsministerium) nur die Vorteile genannt, und
  2. scheint der Widerspruch nicht ganz einfach zu sein.

Ärzte und Psychotherapeuten sind verpflichtet, die ePA zu befüllen, mit Arztbriefen,

Medikationsplänen und Laborbefunden. Auch die Anträge auf Psychotherapie sollen in die ePA kommen. Geplant ist eine automatisierte Befüllung der ePA aus den Praxisverwaltungssystemen, als „Arbeitserleichterung“.

Aber: Bei sensiblen Daten wie z.B. zu psychischen Erkrankungen, sind Ärzte und

Psychotherapeuten verpflichtet, die Patienten auf das Recht zum Widerspruch hinzuweisen und einen etwaigen Widerspruch zu protokollieren. Die Psychotherapeutin muss dann keine Daten in die ePA eintragen.

Allerdings nützt es nicht viel, wenn Psychotherapeuten Befundberichte usw. nicht einstellen, weil die Krankenkassen automatisch sämtliche Abrechnungsdaten in die ePA stellen, also auch alle Diagnosen, wenn dem nicht aktiv widersprochen wird.

Die ePA-Daten werden automatisch an ein staatliches Forschungsdatenzentrum weitergeleitet, demnächst auch an den Europäischen Gesundheitsdatenraum, wenn die Patienten nicht jeweils aktiv Widerspruch einlegen.

Wenn in Praxis, Apotheke, Physiotherapiepraxis, Sanitätshaus usw. die Gesundheitskarte eingelesen wird, öffnet sich die ePA, und kann dort von den Mitarbeitern z.T. bis zu 90 Tage lang eingesehen werden.

Patienten müssen sich also intensiv mit ihrer ePA beschäftigen und technisch einigermaßen fit sein, um z.B. Daten zu löschen, die sie nicht für einen größeren Personenkreis einsehbar machen wollen, oder einzelnen Weiterleitungen zu widersprechen.

Jede Einsichtnahme wird zwar protokolliert und kann nachverfolgt werden, aber auch das erfordert Aufwand und technische Fähigkeiten, und ist dann halt schon passiert.

Mit der ePA hätte man zwar einerseits alle seine Befunde und Gesundheitsdaten gesammelt zur Verfügung, und könnte die Daten für die Forschung und das Trainieren von KI „spenden“, die hoffentlich den medizinischen Fortschritt befördert, der einem selbst und allen anderen zugute kommt.

Aber andererseits müsste man sich ständig damit beschäftigen, wer welche Daten und Unterlagen sehen soll oder nicht, ob der Datenschutz eingehalten wurde oder nicht, ob es technische oder politische Änderungen gibt, die man berücksichtigen muss usw. Es wäre nicht mehr selbstverständlich, dass die eigenen Daten durch die Schweigepflicht geschützt sind, und man im Einzelfall entscheidet, wem man sie öffnen will, sondern umgekehrt: Die intimen Daten wären potentiell für einen riesigen Personenkreis einsehbar, und man müsste immer wieder dahinter her sein, sie zu schützen, aber hätte es doch nicht ganz unter Kontrolle. Man hätte auch keinerlei Kontrolle darüber, ob man die Forschungszwecke tatsächlich unterstützen möchte, für die die eigenen Daten genutzt werden.

Garnicht zu reden davon, dass Gesundheitsdaten bereits jetzt millionenfach gehackt werden, egal wie gut sie geschützt sind.

Psychotherapeuten sollten ihre Patienten über diese Zusammenhänge informieren.

Datenschutz gehört in den Bereich Patientensicherheit, und ist unverzichtbare Grundlage für eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung. Beides wiederum sind zentrale Qualitäts-Merkmale von medizinischen und psychotherapeutischen Behandlungen.

 

Es gibt Webseiten, auf denen Patienten sich ausführlich informieren können:

https://www.kbv.de/html/epa.php   – KBV: Informationen zum Widerspruch, Verbergen, Löschen usw.

https://www.gesundheitsdateningefahr.de/  https://widerspruchepa.de/

Hier gibt es einen Widerspruchsgenerator für verschiedene Bedürfnisse: https://widerspruchepa.de/widerspruchsgenerator/

 

Weitere Infos:

Lauterbach „Wir sind im Gespräch mit Meta, mit OpenAI, mit Google, alle sind daran interessiert, … an diesem Datensatz zu arbeiten”

https://www.heise.de/news/LauterbachzuGesundheitsdatenGoogleMetaundOpenAImeldenInteressean10179936.html

 

Lauterbach: Wenn sich ein Patient seine Krankheit von einer KI erklären lasse, sei das, als ob ein unendlich geduldiger und erfahrener Arzt es erkläre.

Der ehemalige Gesundheitsdatenschützer Thilo Weichert war lange ein Befürworter der ePA. Bei der Verleihung des „Big Brother Awards“ an Lauterbach setzt er sich in seiner „Laudatio“ kritisch mit der ePA als Teil eines „europäischen Gesundheitsdatenraumes“ auseinander:  https://tinyurl.com/34vxbjj8

 

Bundesdatenschutzbeauftragte Specht-Riemenschneider

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/155339/DatenschuetzerinEinspruchgegenelektronischePatientenakteerleichtern

 

Verbraucherzentrale

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheitpflege/krankenversicherung/elektronischepatientenakteepadigitalepatientenaktefuerallekommt57223

 

Bvvp zur ePA für Kinder und Jugendliche

https://bvvp.de/wpcontent/uploads/2024/11/20241128PM_ForderungenzurePAfuerKinderundJugendliche_public.pdf