Konzept

Grundlegende Prinzipien der Aus- und Weiterbildung sowie der Behandlung von PatientInnen in den Ambulanzen der APP Köln

Beziehungsorientierte Psychotherapie

Gemäß dem Konzept der APP Köln richtet sich die Ausbildung und Weiterbildung an einem beziehungsorientiertem Modell von Psychotherapie aus, im Unterschied zu anderen Auffassungen von Psychotherapie, die überwiegend an Störungen, Techniken und standardisierten Abläufen (Manualen) orientiert sind, bis hin zu digitalen Anwendungen, bei denen ein menschlicher Psychotherapeut scheinbar durch ein Programm ersetzt werden kann.

Im Verständnis der APP Köln ist der Psychotherapeut/die Psychotherapeutin Teil eines interaktionellen Geschehens: Er/Sie wendet nicht nur therapeutische Techniken an wie Werkzeuge, sondern ist als Person Teil des psychotherapeutischen Prozesses. Aus der Psychotherapieforschung ist bekannt, dass die therapeutische Beziehung große Bedeutung (deutlich mehr, als die eingesetzten Techniken) für den Behandlungserfolg hat, d.h. sie muss reflektiert und gestaltet werden. Es reicht nicht aus, eine „gute“ therapeutische Beziehung anzustreben, um das Beziehungsgeschehen in der Psychotherapie zu erfassen. Der psychotherapeutische Prozess gestaltet die therapeutische Beziehung im Sinne der Beziehungserfahrungen, die sowohl die Patienten als auch Therapeuten mitbringen, und die nicht immer nur „gut“ waren.

Um als Therapeutin und Therapeut die entsprechenden Inszenierungen in der Beziehung wahrnehmen, reflektieren und schließlich mit dem Patienten konstruktiv bearbeiten zu können, sind Konzepte notwendig, wie sie explizit vor allem in der Psychoanalyse und Tiefenpsychologie entwickelt wurden. Davon profitiert in der Aus- und Weiterbildung der APP Köln auch die beziehungsorientierte Verhaltenstherapie, so wie die Tiefenpsychologie von der fokussierten und zielorientierten Haltung der Verhaltenstherapie profitiert. Gerade auch die Systemische Therapie fokussiert das Thema Beziehung noch einmal auf eine besondere Weise und ist endlich auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss in seiner Wirksamkeit zur Behandlung von psychischen Störungen anerkannt.

Die Beziehungsaspekte werden in der Ausbildung an der APP Köln ausführlich in Seminaren und Supervisionen thematisiert. Vor allem die Selbsterfahrung hat die Aufgabe, eigene Beziehungsanteile kennen zulernen, um sie nicht unreflektiert in die therapeutische Beziehungsgestaltung einfließen zu lassen. Deshalb ist für alle Verfahren neben der Gruppen-Selbsterfahrung auch ein bestimmter Anteil an Einzel-Selbsterfahrung vorgesehen.

Verfahrensorientierte Psychotherapie

Jede Form von Psychotherapie beruht auf einem implizit oder explizit vorhandenen Menschen- und Krankheitsbild, und auf bestimmten Vorstellungen von der Funktionsweise des Seelischen. Diese Vorstellungen werden in den verschiedenen Psychotherapie-Verfahren ausformuliert, die den theoretischen Bezugsrahmen für die Behandlung von seelischen Störungen bilden. Die Modelle sind so vielfältig, wie die Menschen; es gibt kein Modell, das alles kann und für jeden Menschen – PatientIn oder TherapeutIn – gleichermaßen passend und wirksam ist.

Die APP Köln setzt sich für den Erhalt der Verfahrensvielfalt und für die gegenseitige Wertschätzung der verschiedenen Verfahren ein. Dabei geht es nicht darum, in der Ausbildung einen eklektizistischen Bauchladen oder „Werkzeugkasten“ einzelner Behandlungstechniken, abgelöst von einem übergeordneten, konsistenten Bezugsrahmen, zu vermitteln, wie es bisweilen mit einer „Allgemeinen“, „integrativen“, methodenübergreifenden“ Psychotherapie angestrebt wird. Bestimmte Grundannahmen (z.B. „Übertragung“, „Lernen“, „Kognitionen“), die daraus resultierenden Techniken (z.B. „Deuten“, „Konditionieren“) sowie wesentliche Anteile der psychotherapeutischen Haltung und Beziehungsgestaltung sind verfahrensspezifisch, und nicht von einem Verfahren auf das andere übertragbar, oder ohne jeglichen Verfahrensbezug kombinierbar.

Gleichzeitig legt die APP Köln Wert darauf, dass es keine „störungsspezifische Indikation“ für bestimmte Verfahren gibt; laut Psychotherapie-Richtlinien ist es möglich, mit jedem der wissenschaftliche begründeten Verfahren jedes Krankheitsbild zu behandeln; jedes Verfahren entwickelt dafür entsprechende Modifikationen. Es gibt aber eine „persönlichkeits-spezifische Indikation“: Das Verfahren muss für den/die PatientIn und für den/die TherapeutIn passen. Laut Psychotherapieforschung sind diese Passung, und die Überzeugtheit des Therapeuten vom eigenen Verfahren (allegiance) die wesentlichen Wirkfaktoren in der Psychotherapie.

Um die gegenseitige Wertschätzung der Verfahren (Analytische Psychotherapie, Gesprächspsychotherapie, Systemische Therapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie), die im Rahmen der Grundausbildung allen Ausbildungsteilnehmern vermittelt werden, bemüht sich die APP Köln durch folgende Merkmale der Ausbildung:

  • Die Dozentinnen und Dozenten sind in ihren jeweiligen Verfahren kompetent wissenschaftlich und vor allem praktisch-psychotherapeutisch tätig, sodass sie ihr Verfahren praxisnah, überzeugend und anschaulich vermitteln können.
  • Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Verfahren sollen sichtbar und reflektierbar sein (kein stillschweigendes „Klauen“ und Sich-Bedienen bei den Konstruktionen anderer Verfahren). Die Möglichkeit, bestimmte Elemente aus anderen Verfahren und Methoden in das eigene Verfahren zu integrieren, soll sorgfältig reflektiert werden.
  • Offene Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Verfahren und ihrer spezifischen Methoden.

Entwicklungsorientierte Ausbildung

Während und nach der Ausbildung ist es notwendig, die verschiedenen Entwicklungen, Differenzierungen und Methoden innerhalb des eigenen Verfahrens zu einem intermethodalen Beziehungs- und Behandlungsmodell zu integrieren. Es gibt nicht „die“ Verhaltenstherapie, „die“ Systemische Therapie oder „die“ Tiefenpsychologie, sondern unterschiedliche Techniken und unterschiedliches Handhaben der therapeutischen Beziehung in den verschiedenen Richtungen des eigenen Verfahrens (z.B. in der Verhaltenstherapie die 1., 2. und 3. „Welle“, in der Tiefenpsychologie die Trieb- und Objektbeziehungstheorie, Ich- und Selbstpsychologie), müssen zu einem Gesamtverständnis entwickelt werden, das passend zur eigenen Person und zum/r jeweiligen PatientIn und seiner Problematik modifiziert werden kann.

In der Anfangsphase der Ausbildung ist bei vielen Teilnehmern der Wunsch groß, ein fertiges Konzept von Therapie vermittelt zu bekommen, zu lernen, „wie es geht“, „wie man es richtig macht“. Das ist verständlich, ist aber nur begrenzt möglich. Im Seelischen gibt es nichts „Fertiges”, sodass „Ausbildung” ein nie endender Prozess der Auseinandersetzung bleibt.

Durch die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Erfahrungen und Konzepte im Rahmen der Ausbildung entsteht zwangsläufig Irritation und Unsicherheit, die zeitweise zu einem Gefühl der Überforderung führen kann. Es ist nach Auffassung der APP Köln wichtig, dies aushalten zu können, da es auch in der therapeutischen Arbeit zu solchen Spannungen kommt. Psychotherapie ist ein Prozess, der meist nicht gradlinig und nach Manual verläuft, in dem es Unwegsamkeiten gibt.

Dies stellt eine Herausforderung auf verschiedenen Ebenen für die AusbildungsteilnehmerInnen dar, zum einen in Bezug auf das therapeutische Handwerkszeug, zum anderen in Bezug auf die eigene Persönlichkeit und das Arbeiten mit Menschen. Diese unterschiedlichen Ebenen sollen zueinander in Beziehung gesetzt werden. Der dafür notwendige ständige Austausch zwischen Aneignung von Theoretischem und praktischer Erfahrung geschieht im Rahmen der Ausbildung in einem Raum zwischen Vorlesungen, Seminaren und Erfahrungen aus der praktischen Tätigkeit mit PatientInnen in Kliniken und Praxen sowie der Reflexion in Supervision und Selbsterfahrung.

Der methodische Rahmen hierfür soll u.a. durch Seminare ermöglicht werden, die die Ausbildung begleiten, in denen die Beziehung in den Blick genommen wird:

  • Seminare zur Reflexion der Beziehung der Ausbildungsteilnehmer zu ihrer Ausbildung
  • Hilfe bei der Integration der eigenen Erfahrungen aus der praktischen Tätigkeit in Kliniken und Praxis
  • Selbsterfahrung in der praktischen Tätigkeit in Kliniken und Praxis
  • Seminare, in denen Theorieansätze vermittelt werden, wie man die therapeutische Beziehung verstehen und konzeptualisieren kann
  • Kasuistisch-technische Seminare, in denen durch und mit erfahrenen “Praktikern” unterschiedlichen Herkommens modellhaft eine Integration von zunächst Disparatem zu einem APP KÖLN-spezifischen Arbeitskonzept gefördert werden soll.

Diese Seminare sollen dabei helfen, Gegensätzliches, sich einstellende Widersprüche und die sich daraus ergebenden Spannungen in einer psychologischen Dialektik immer wieder zu synthetisieren, und zu verstehen, dass jede “Lösung” zwangsläufig neue Fragen aufkommen lässt. Dabei muss klar werden, dass es keine endgültigen, “märchenhaften” Lösungen gibt, sondern dass dieses Hin und Her von Spannung und Auflösung den Prozess in Entwicklung hält.

Beziehungsorientiert” heißt von hier aus, darauf zu achten, wie die entsprechenden Entzweiungen und Versöhnungen auch immer wieder in den gelebten Beziehungen zum Ausdruck kommen.